Ausstellung und Talk: Langer Tag
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Eine Ausstellung und Talks von Naeem Mohaiemen, kuratiert von Nina Möntmann
Ausstellung
Die Ausstellung Langer Tag vereint zwei Video-Essays sowie drei Fotoarbeiten Mohaiemens zum Thema der instabilen Verfasstheit transnationaler Solidarität.
Der Video-Essay Afsan’s Long Day (2014, 41 min.) reflektiert die transnationale Zirkulation von Ideologien, indem er die Auflösung linksextremer Bewegungen in den 1970er Jahren an verschiedenen Orten der Welt betrachtet. Konkret stellt Mohaiemen in die Erfahrungen des jungen Intellektuellen Afsan in den turbulenten Jahren nach dem Bangladesh-Krieg 1971, der zur Unabhängigkeit Bangladeschs von Pakistan führte, in einen Gegensatz zum so genannten Deutschen Herbst (mit der Baader-Meinhof-Gruppe). Mit Blick auf die winzige Mitgliederzahl der Roten Armee Fraktion nannte Heinrich Böll die RAF einen »Krieg von sechs gegen sechzig Millionen«. Aber was ist mit dem Historiker Afsan Chowdhury, der allein in seinem Haus in Dhaka sitzt und eine Menge Marx liest? Während andere beklagten, den dialektischen Materialismus nie verstanden zu haben, hatte Afsan ihn intellektuell durchdrungen, seine Professoren übertrumpft und sich dabei einen Bart wachsen lassen. Aber die Männer, die eines Tages kamen, kümmerten sich wenig um all das – die Geschichte hat oft gezeigt, dass der Staat sauber rasierte Männer mag.
Das zweite Video der Ausstellung, Century’s Container (USA, 2016, 9 min.), ist eine Botschaft von der Gegenwart an die Gegenwart des Künstlers Mohaiemen selbst. Im selben Jahr, in dem wir über den von Trump verkörperten massiven weißen Backlash entsetzt waren (nach dem Brexit, vor Le Pen), drängte die Regierung von Bangladesch unter den Augen der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Rohingya-Flüchtlinge zurück nach Myanmar und in die Arme der Gewalt. Der Muslim erscheint in diesem Jahrhunderts als ein Gefäß für das Andere, aber auch die Definition des Anderen ändert sich ständig, während der Impuls der Vertreibung eine Konstante bleibt.
Naeem Mohaiemen erforscht in Century’s Container die tragische Vergangenheit des real existierenden Sozialismus und die ungeschriebene Zukunft einer sich noch nicht zusammengefundenen globalen Linken in Opposition zu sektiererischen Einheiten von Rasse und Religion. Das Video enthält Auszüge aus Texten von Judith Butler, Toby Rollo, Mona Saeed Kamal, Hari Kunzru und Sham-e-Ali Nayeem und wurde für das öffentliche Forum Sense of Emergency produziert, das Andrew Weiner im Dezember 2016 in New York als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump organisierte.
Zeit: 14. – 18. Juni 2023 (Food & Drinks: 16. Juni, 20 Uhr)
Öffnungszeiten: Mi – So, 12 – 19 Uhr
Ort: Temporary Gallery – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mauritiuswall 35, 50676 Köln
Public Talks
von Naeem Mohaiemen und Eszter Szakács, eingeladen von Nina Möntmann
Der Sammelband Solidarity Must Be Defended (herausgegeben von Eszter Szakács und Naeem Mohaiemen, tranzit.hu 2023) versammelt Projekte zu Gesten und Ausrichtungen in der bildenden Kunst rund um die transnationale Solidarität während des Kalten Krieges. Im Dialog mit Mohaiemens Film Two Meetings and a Funeral (2017) beleuchtet das Buch sowohl auf großartige Initiativen als auch tragische Fehlschläge in einer verstrickten, entkolonialisierten Welt. Aufbauend auf ihren Erfahrungen der gemeinsamen Arbeit an der Publikation präsentieren Szakács und Mohaiemen zwei miteinander verflochtene Vorträge über ihre Forschungsgebiete, die sich mit den Ideen des Sammelbandes auseinandersetzen. Sie befassen sich mit Fallstudien über fehlgeleitete Solidaritätsgesten während der Ära des Kalten Krieges und überlegen, was uns jede dieser Geschichten über die Hoffnung und das Risiko von grenzüberschreitender Solidarität, unter dem Druck der Zeit und den Problemen der sprachlichen Verständigungen zeigt. Szakács erforscht die Knotenpunkte der Solidarität zwischen »Osteuropa« und der »arabischen Welt« in Ungarn, und Mohaiemen geht den Spuren der französischen intellektuellen Solidarität im Iran an der Schwelle zur islamischen Revolution nach.
Zeit: Fr., 16. Juni 2023, 17 – 20 Uhr
17 Uhr Eszter Szakács, »An Arab World in Hungary«
18 Uhr Naeem Mohaiemen, »Foucault in Tehran«
19 Uhr Diskussion, Food & Drinks
Ort: Temporary Gallery – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mauritiuswall 35, 50676 Köln
Teil der Ausstellung ist das Filmscreening Two Meetings and a Funeral (Panoramabild) mit einer Einführung von Naeem Mohaiemen im Kölnischen Kunstverein – Die Brücke am 15. Juni 2023, 16 – 18 Uhr.
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft: kuratorisches Projekt des DFG-Graduiertenkollegs „anschliessen – ausschliessen. Kulturelle Praktiken jenseits globaler Vernetzung.“
Bildcredits: Naeem Mohaiemen, »Two Meetings and a Funeral«, 2017. Installation view, Vasas Federation of Metalworkers‘ Union, Budapest/tranzit.hu. Photo: Zsuzsanna Simon.