Semesterthema SoSe23: Open Encounters – Arts and Research

Die dialektische Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft ist so alt wie die Kunst selbst, doch lassen sich seit den 1990er Jahren vermehrt akademische Bemühungen beobachten, recherchebasierte, materielle sowie ästhetische und diskursive Arbeitsprozesse unter den Begriff der „artistic research“, „art-based research“ oder auch „practice-led research“ zu fassen. Die Versprechen der Künstlerischen Forschung sind vielseitig: konstitutive Verbindung von Theorie und Praxis, interdisziplinärer Austausch von künstlerischen Fächern mit gesellschaftspolitischen Disziplinen und die kritische Untersuchung von Methoden der Forschung selbst. Künstlerische Forschung geht immer schon über die Auseinandersetzung mit einem Thema hinaus und erlaubt Konzepte wie „Forschung“ und „Wissensproduktion“ ebenso zu hinterfragen, wie materielle Erkenntnisse über die historischen und gegenwärtigen Beziehungen von künstlerischen, analytischen und wissenschaftlichen Praktiken in spätkapitalistisch geprägten Wissensökonomien zu gewinnen.

Was genau aber ermöglichen – oder verunmöglichen – Begriffe und Konzepte der Künstlerischen Forschung? Welchen Beitrag bietet künstlerisches Forschen innerhalb naturwissenschaftlicher oder geisteswissenschaftlicher Forschungsaufgaben? Wie können diese innerhalb eines universitären Rahmens, aber auch in selbstorganisierten und informellen Zusammenhängen reflektiert, erweitert und erneuert werden? Auf welche Weisen ergänzen oder unterbrechen künstlerische Ansätze die Kontur wissenschaftlicher Methoden, und öffnen Räume des Experimentierens? Welchen Einfluss hat das auf die Gestaltung von Bildungs- und Vermittlungsdiskursen und die Entwicklung hegemoniekritischer Ansätze? 

Das Semesterthema „Open Encounters –  Art and Research“ bietet erste Möglichkeiten, Künstlerische Forschung als forschende Praxis zwischen Kunst und Musik zu untersuchen. In Seminaren und Vortragsreihen werden Formen des Wissens, Logiken der Wissensverwaltung und die Verwertungsprozesse durch Wissensökonomien befragt sowie verschiedene Forschungsgegenstände und -praktiken im Sinne einer künstlerischen Recherche kartiert und reflektiert. Der Fokus liegt dabei auf transdisziplinären Prozessen, Erprobungen von kollaborativen Potentialen und (im)materiellen Fragmenten künstlerischer Annäherung. 

Ziel ist es, über einen kollaborativen Prozess aus der Praxis des Departments heraus ein geteiltes Verständnis von künstlerischer Forschung zwischen Praxis, Theorie und Didaktik in Kunst und Musik zu entwickeln. 

 

konkrete Anknüpfungspunkte:

  • Materialitäten: Künstlerische Prozesse und Techniken nachvollziehen, erproben und ihr Erkenntnispotenzial erheben
  • Begegnungen: Ästhetische Erfahrungen einordnen und ihr Potential für Bildung kartieren
  • Verständnisse: Künstlerische Forschung kann dazu beitragen, soziale und politische Herausforderungen zu thematisieren und kritisch zu hinterfragen und untersuchen
  • Verhandlungen: Kulturelle Identität zu erforschen und zu verstehen, wie sie von sozialen und politischen Faktoren beeinflusst wird.
  • Zukünfte: Mit ökologischen Fragen beschäftigen und die Auswirkungen des menschlichen Handelns auf die Umwelt und die Natur untersuchen.
  • Relationen: Soziale und kulturelle Infrastrukturen zu erforschen und zu untersuchen und verstehen
  • Entwicklungen: Wissenschaftliche und technologische Entwicklungen kritisch  durchdringen und zugänglich werden zu lassen 
  • Verhandlungen: Philosophische und ethische Fragen erforschen und verstehen, wie sie sich auf die Zugänge zur Welt und die Gesellschaft auswirken.
  • Formen des Wissens: Was sind die spezifischen Formen und Verfahren der Künstlerischen Forschung?
  • Wirksamkeit: Welchen gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Herausforderungen können künstlerische Forschungsprozesse konkret begegnen? 
  • Perspektiven: Wie blickt Kunst auf Forschung? 
  • Unterbechungen: Wie entzieht sich die Kunst dem Status des Wissens als Produkt und der Messbarkeit von Ergebnissen? 
  • Strukturen: Wie können diese innerhalb eines universitären Rahmens, aber auch in selbstorganisierten Zusammenhängen reflektiert, erweitert und erneuert werden? 


 teilnehmende Seminare