Digitaler Rundgang: F*** White Tears

WiSe 21/22
Dozentin: Olga Holzschuh

 

Seit der Entwicklung der Fotografie stehen Fotografieren, Aneignen und Macht in einem engen Verhältnis. Angefangen bei frühen kolonialen Fotografien im 19.Jahrhundert bis zu den „white savior“ Bildern der sozialen Netzwerke: Fotografie spielt nach wie vor eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der weißen Ordnung. Dabei sind weder die fotografischen Bilder, die produziert werden, noch die Technologie der Fotografie, unschuldig. So untersuchen etwa Künstler:innen wie Adam Broomberg (Südafrika, 1970) und Oliver Chanarin (Großbritannien, 1971) das Verhältnis von Fotografie und Rassismus unter anderem in ihrer Arbeit „To Photograph the Details of a Dark Horse in Low Light“. Diese bezieht sich auf einen Satz aus einer Werbeanzeige, mit der Kodak in den frühen 1980er Jahren auf ein neues Produkt aufmerksam machte. Die Firma hatte einen Negativfilm auf den Markt gebracht, der es erstmals ermöglichte, dunkle Haut genau wiederzugeben.

Durch die Auseinandersetzung mit künstlerischen Positionen vor dem Hintergrund des postkolonialen Diskurses, der antirassistischen Praxis, sowie des critical whiteness, hinterfragt das Seminar die Fotografie als ein machtvolles Instrument der Blickführung (im Kontext ihrer Repräsentationsfunktion) und untersucht die Entwicklungsgeschichte des Mediums und seine Dominanz als eine weiße, normgebende, global wirksame Technik in (post)kolonialen Gesellschaften. Dabei steht die Entwicklung einer eigener künstlerischer Arbeit, entlang des Seminars, im Fokus.


Der Titel des Seminars basiert auf dem Dokumentarfilm „Fuck White Tears“ von Annelie
Boros aus dem Jahr 2016, der hier ebenso besprochen wird.

 

DReaming of a Life in Nigeria / Elisa Roßkamp

Die Fotoserie „Dreaming of a life in Nigeria“ befasst sich mit der Frage, wie afrikanische Filme nach außen hin wahrgenommen und rezipiert werden. Wenn wir an einem Land und dessen Kultur interessiert sind, ist zumeist die erste Reaktion nach diesem im Internet zu suchen. Hier erscheinen dann jedoch als erste Suchergebnisse oftmals Bilder, die bestimmte Stereotype und Vorurteile reproduzieren. Bezogen auf afrikanische Länder entspricht dies beispielsweise Bilder von Armut, Hungersnöten, Kriegen und Dürren.

Wenn man sich nun mit der Kultur und dem Leben in einem Land näher befassen und einen Einblick in das lokale Leben bekommen möchte, besteht eine Möglichkeit darin verschiedene Medien (Radio, Filme, Literatur) zu konsumieren, die von Menschen produziert wurden, die in diesem Land leben. Durch ein Seminar bin ich auf Nollywood Filme aufmerksam geworden, die aus Nigeria stammen und die zweitgrößte Filmbranche auf der Welt nach Bollywood bilden. Trotz der schieren Anzahl an Filmen, ist mir im Gespräch mit Freunden aufgefallen, dass den meisten Menschen diese Filmindustrie nicht bekannt ist. Besonders in Afrika und der Diaspora bedienen sich die Filme großer Beliebtheit, da das afrikanische Publikum seine eigenen Geschichten auf der Leinwand sieht. Da diese vermehrt von dem täglichen Leben, lokalen Ereignissen und der Geschichte des Landes erzählen, kann man durch die Filme Einblick in das Leben und die Kultur von Nigerianer:innen bekommen.

Aus diesem Grund ist bei mir die Frage aufgekommen, ob ich nicht selbst, wenn ich mich mit genügend Nollywood-Filmen auseinandergesetzt habe, von einem Leben in Nigeria träumen, obwohl ich nie dort war. Ist dies dann eine wirre Mischung aus meinen Erfahrungen in Deutschland und den Eindrücken aus den Filmen oder wird es ein kohärentes Gesamtbild ergeben.

 

ohne titel / Nicolas Fuhrmann

Alle Arbeiten sind am iPad mit dem Programm Procreate entstanden. Die beiden Graffitis kritisieren das zweidimensionale Denken. Die Farbe steht daher als Metapher für ein „colourfull thinking“. Die Collagen kritisieren die Ehrung von Kolonialherren in Form von Straßennamen und sollen einen imaginären Museumsrundgang der Taten dieser Männer entstehen lassen.

 

 

Ohne Titel / Rosa Welters

Im Botanischen Garten und der Flora Köln fotografierte ich Pflanzenschilder von Pflanzen, die ursprünglich aus früheren Kolonien verschiedener Länder stammen. Anschließend habe ich Archivbilder von Treib und Palmenhäusern herausgesucht, in denen im Botanischen Garten und der Flora Köln im 19. Jahrhundert Kolonialpflanzen ausgestellt wurden. Um zu zeigen, wie Pflanzen und Kolonialismus zusammenhängen können, wurden alle Bilder aneinandergereiht.

 

Der unsichtbare Rucksack / Paula Limbach

Ich habe mich mit den Privilegien von weißen Menschen auseinandergesetzt. Privilegien, die immer da sind, die wir nicht leugnen können und die wir doch alle zu oft nicht sehen (wollen). Peggy McIntosh prägte in den neunziger Jahren den Begriff des unsichtbaren Rucksacks weißer Privilegien. Mit meiner Arbeit möchte ich das Unsichtbare sichtbar werden lassen, jeder trägt seinen Rucksack und werden wir uns dessen bewusst, können wir unsere Privilegien dafür nutzen, strukturellem Rassismus entgegenzuwirken. (Text von Peggy McIntosh)

 

 

 

post/Cards/Kolonial / Luise Riecke

post/cards/kolonial ist eine vierteilige Fotoreihe im PostkartenFormat, die Aspekte der deutschen Kolonialgeschichte in Namibia behandelt. Dort werden koloniale Bauten bis heute von einer Vielzahl von Tourist*innen besucht und auf Google Maps, Tripadvisor und co. äußerst unkritisch rezipiert. post/cards/kolonial unternimmt einen Versuch, den so genannten tourist gaze zu dekonstruieren und anhand der Einbindung von Archivmaterial wortwörtlich einen Blick hinter die Fassade zu ermöglichen.

 

 

Ohne Titel / Celina Pucihar

Bei meinem Abschlussprojekt habe ich zum einen den Zoo besucht, um dort einige Aufnahmen der Tiere und deren Gehege zu machen. Zum anderen habe ich Fotos aus dem Panoptikum, im Jahr 1869, erneut abgelichtet. Hierfür habe ich ein Gitter vor die Bilder gehalten, um diesen eine besondere Wirkung zu verleihen.

 

 

Titelbild:
Omar Victor Diop
JeanBaptiste Belley, 2014
Series Diaspora
© Omar Victor Diop, Courtesy Galerie MAGNINA, Paris