Neue Episode © Respectful Nettheaterchannel: WOZU THEATER/PERFORMANCE UND DIGITALITÄT?

Aufgabe der Reihe zu diesem Thema ist es, nach Konzepten und kulturellen Bedeutungen von Theater/Performance und Digitalität zu fragen. Es geht darum, den Zustand digitaler Kulturen und die Rolle von Theater dabei zu erkunden.

 

Gäste:

Katja Grawinkel-Claassen, Dramaturgin, Schwerpunkt digitale Projekte. Forum Freies Theater (FFT) Düsseldorf

Ilja Mirsky, Dramaturg, Programmierer, Dozent, Schwerpunkt VR/AR, KI. Digitaldramaturg am Residenztheater München

Nils Corte, Programmierer/Creative Coding, Theaterautor, Musiker, Produzent, Regisseur. minus.eins – Cyborg Collective. Leitung Creative Technologies am Extended Reality Theater (XRT), Staatstheater Nürnberg

Roman Senkl, Regisseur und Autor, digitale und hybride Theaterformen (VR bis KI). minus.eins – Cyborg Collective. Künstlerische Leitung des Extended Reality Theater (XRT), Staatstheater Nürnberg

 

KONTEXT
Während der Pandemie kam es zu einem sogenannten Digitalisierungsschub in Theater und Performance. Vergessen wurde dabei allerdings, dass die Verbindung von Theater/Performance und digitalen Technologien eine sehr lange Geschichte hat, die seit den 1950er Jahren andauert. Zudem hatte es vor allem im Bereich des sogenannten freien Theaters seit den 1990er Jahren Versuche mit Digitalität gegeben, an die während der Pandemie angeschlossen wurde. Vor dem Hintergrund dieser langen Vorgeschichte leuchtet es ein, dass seit den 1950/1960er Jahren bereits entscheidende Themen zu Theater/Performance und Digitalität aufgekommen und medien-ästhetische Formen erprobt worden waren. Es kamen z. B. in den 1960er Jahren Performances von technischen Dingen auf, mit denen Menschen zu integralen Bestandteilen techno-humaner Systeme wurden. Seit den 1970er Jahren wird in sogenannten telematischen Performances das Diktum von der Live-Präsenz des Theaters, d.h. der gleichzeitigen Anwesenheit von Spielenden und Zuschauenden an einem Ort, in Form einer virtuellen Präsenz unterlaufen, wenn die Beteiligten zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten sind. Diese Versuche zu Theater und Digitalität lassen sich auf der einen Seite als eine Art Training für die Adaption menschlicher Agierenden an techno-humane Digitalität, insbesondere an techno-humane Ko-Operationen verstehen. Auf der anderen Seite sind sie immer auch Formen der Reflexion der möglicherweise technokratischen Konstitution digitaler Kulturen oder digital-kapitalistischen Interessen großer Firmen.
Mit dem Ende der Pandemie sind leider auch diese Versuche sowie deren Wertschätzung zunehmend verschwunden, und damit die Beiträge von Theater/Performance zur wichtigen Umstellung auf digitale Kulturen. Ein paar Orte sind allerdings geblieben, oder neu entstanden, an denen die Arbeit weiter geht, nämlich:

 

Katja Grawinkel-Claassen vom FFT: Das FFT ist ein Beispiel für eine Spielstätte und einen Produktionsort, der sich, 1999 gegründet, richtungsweisend mit Theater und Digitalität beschäftigt. Von 2020-2023 haben etwa die Deutsche Oper am Rhein und das FFT Düsseldorf gemeinsam digital-analoge Anwendungen entwickelt. Sie laden zum Spielen ein und ermöglichen den Austausch zwischen Theater und Publikum. Ein weiteres Beispiel ist das Konferenz- und Theater-Programm „On/Live“, in dem z.B. das Thema „Das Theater der Digital Natives“ behandelt wird.

Nils Corte und Roman Senkl vom Extended Reality Theater – XRT, im Schauspiel am Staatstheater Nürnberg: Die Website informiert: Im XRT können uns digitale Bühnenbilder und Kulissen in alle möglichen Welten eintauchen lassen, Schauspielerinnen können mit animierten Avataren zusammenspielen, oder in ihre Haut schlüpfen, sie können Algorithmen auf der Bühne sichtbar machen und das Internet kann selbstverständlicher Teil von Inszenierungen werden. … Dabei spielen wir in erster Linie ganz klassisch für ein Publikum vor Ort. … Die neue Spielstätte ist aber auch ein Basiscamp, von dem aus wir rein digitale Räume bespielen wollen.

llja Mirsky, vom Resi digital: Auf der Website heißt es: Resi digital erweitert den Schwerpunkt des Residenztheaters im Bereich der zeitgenössischen Dramatik um eine technologische Dimension. … Hierbei steht die ästhetische Weiterentwicklung und Verschmelzung der Bühnenkunst mit digitalen Narrativen und analogen Darstellungsformen im Vordergrund. … Neue Medien, Zukunftstechnologien und langfristige künstlerische Visionen sollen die Dissonanz von digitalen und analogen Theaterformaten in Einklang bringen, um neue Möglichkeiten der Begegnung zwischen Schauspieler*innen und Publikum zu ermöglichen.

 

© Respectful Nettheatrechannel unternimmt Reflexionen zu „Theater und Digitalität“ und erkundet den Zustand digitaler Kulturen und die Rolle von Theater dabei. Digitale Performativität wird zudem praktisch auf der digitalen Bühne des Respectful Nettheaterchannel auf TikTok erprobt.