„Alien Teacher“ – Dänischer Lehrerfilm in deutschen Kinos

Der Text zu „Alien Teacher“ von Ekkehard Knörer ist mal wieder so unterhaltsam wie wahr, dass ich ihn hier in Gänze zitiere. Viel Vergnügen…

„An den Wänden der Wohnung der Lehrerin hängt mehr oder minder¬†abstrakte Kunst, scharf von einander abgegrenzte rechteckige Farbflächen etwa oder – siehe Bild – eine Serie von verschlungenen bräunlichen Formen vor weißem Grund schwarz umrahmt. An den Wänden der gutbürgerlichen Wohnzimmer dagegen der Kinder, die die neue Lehrerin unterrichtet, ist die¬†Kunst figurativ. Die Eltern sitzen einmal auf der Couch und stehen um sie herum und lassen sich, die Unvernunft selbst, von ihren Kindern im Vordergrund nicht überzeugen, dass die Lehrerin ein Alien ist. Neben der Couch hängt ein Frauenakt, vielleicht Modigliani. Die figurative Kunst scheint so mit dem Alltagsverstand, der zur Enttarnung des Bösen nicht hinreicht, solidarisch. Die abstrakte Kunst aber mit der¬†Gefahr aus dem Weltraum.

Die Kinder selbst, der Held jedenfalls, der Außenseiter Carl (Jonas Wandschneider) und sein Freund, der Computer-Nerd Phillip (Nikolaj Falkenberg-Klok), sind vor allem auf¬†ein Foto¬†fixiert, das Carl aus der Tasche der Lehrerin gestohlen hat und auf dem, von Zeichen in einer ganz unbekannten Schrift übermalt, die Kinder zu sehen sind: erst zwei oder drei, dann immer mehr. Auf dem Foto, das zeigt seine Entwicklung ohne irgend jemandes Zutun, ist nicht Vergangenes, sondern ist und wird Zukünftiges sichtbar. Die Fotografie ist das¬†Medium der Unheimlichkeit¬†in einem Film, in dem alles offen zutage liegt.¬†

Vor vielen Jahren brachte¬†Codo der Dritte¬†aus der Sternenmitte im Sauseschritt die Liebe mit. (DÖF.) Das waren noch Zeiten. Heute dagegen schickt Bornedal – so in den Credits: ein Film von „Bornedal“; wie: ein Film von „Buck“; ein Name als Marke, die die Welt seit dem Horror-Erfolg „Nachtwache“ kennt – die Aliens aus der Sternenmitte zur Erde; dort wollen sie, der Macht wegen, die das, geht das Weltallgerücht, verleiht, zu lieben lernen. Liebenswürdig ist nun die Abgesandte, die Lehrerin Ulla Harms (Paprika Steen) justament nicht. Da ist die abstrakte Kunst noch das geringste Problem. Sie kann Gedanken lesen. Sie hält gelegentlich wie erstarrt den Kopf sehr schief und dann lächelt sie maliziös. Sie macht wie eine Olympionikin Flic-flacs in der Sporthalle. Sie weiß überhaupt alles. Sie verputzt ein lebendes und¬†ungerupftes Huhn. Sie beschimpft die Kinder, macht sich über den Überbiss des einen lustig und reitet auf dem Trauma das Helden herum, der seine Mutter bei einem Unfall verlor. Einmal formt sie einen falschen Minister aus einem Metallic-Ei. Ein andermal guckt sie sich die ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler an und stellt fest: Es gab Einstein, es gab Michelangelo – und ihr Idioten wollt Mitglieder derselben Rasse sein? (Nun ja. Es gab Eisenstein, es gab Antonioni. Und es gibt Bornedal.)¬†

„Alien Teacher“ ist ein¬†opportunistischer Film. Er schmeißt sich ran ans adoleszente Publikum. Darum ist der Nerd ein Held und auch der hübsche Traumatisierte. Die Eltern sind nicht böse, aber doof. Und die Lehrer sind Aliens. Schlimmer ist nur der¬†Schulpsychologe, in dessen auf keine Wahrheit zielender Karikatur der Film seine eigene Herzlosigkeit vollends offenbart. Er wird erst verarscht, dann miniaturisiert und zuletzt verspeist. Das sollen wir lustig finden. Die Deckerzählung von der Liebe, nach der die Aliens suchen, ist in mehr als einer Hinsicht ein Schmarrn. Vor allem auch deshalb, weil der Film so tut, als glaubte er augenzwinkernd an das, was er behauptet. Dabei bringt ihn seine blödsinnige Märchengeschichte, was sie halbwegs entschuldbar machte, an keiner Stelle zum Träumen. Der Film fabuliert nicht, er tut nur so. Er reiht Klischee an Klischee. Es gibt Special Effects mittlerer Güte. Deren unscheinbarster sind die Figuren, die aussehen wie Menschen. Sie sind in Wahrheit nur die¬†Charaktermasken, hinter denen sich die blanke Spekulation aufs Eintrittsgeld einer in Zahlen ausdrückbaren Zuschauerzielgruppe verbirgt. Gründlicher lässt sich ein Publikum kaum verachten.“