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Kunst & Kunsttheorie

Abstract

Wir leben heute im Erdzeitalter des Anthropozäns, einer menschgemachten geo-chronologischen Epoche, in der die Menschheit sich selbst und vielen anderen Lebewesen zum existenziellen Risiko geworden ist. Erschien die Welt „dem westlich-modernen Subjekt“ lange Zeit als passiv-amorphe Verfügungsmasse, die mittels kultureller Eingriffe zu beherrschen sei, so haben globale Epidemien, die planetare Klimakrise oder der Ökozid dies als Hybris entlarvt. Mit Vehemenz zeigt sich heute, dass die Welt un/verfügbar ist. Natur und Kultur lassen sich nicht länger strikt voneinander trennen. Als verschränkte Effekte bilden sie hybride Strukturen, die ein Ausdruck von Hyperkulturalität sind. Hyperkulturalität wird definiert als ein Phänomen von heute, in dem verschiedene Sphären (z.B. das Globale und das Planetare, das Digitale und das Analoge) und Akteure (z.B. menschliche und mehr–als–menschliche Akteure) in Relationen gedacht werden und komplexe, sich kontinuierlich verändernde Gefüge bilden. Im Vortrag wird zwischen einem weiten und einem engen Verständnis von Hyperkulturalität unterschieden. In Bezugnahme auf deren jeweilige Qualitäten wird dargestellt, inwiefern diese vergleichsweise neue Phänomenekennzeichnen und nicht nur bislang ungelöste Fragen an das Verhältnis von „Subjekt“ und „Welt“ aufwerfen, sondern auch die Kunst-/Pädagogik direkt betreffen.

Info

Sarah Huber hat Lehramt für die Sekundarstufe II studiert und ist Doktorandin im Fachbereich Kunst. Sie wird als Promotionsstipendiatin durch das Studienförderwerk Klaus Murmann der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) gefördert und hat derzeit einen Lehrauftrag an der Universität zu Köln. In ihrer Forschung nimmt sie ausgehend vom Begriff der Un/Verfügbarkeit eine gegenwartsanalytische Perspektive ein und befasst sich mit spezifischen Ausdrucksformendes Anthropozäns, welche bestimmte gesellschaftliche Konstellationen sowie eine binäreGegenüberstellung von „Subjekt“ und „Welt“ problematisieren. In Anwendung eines hierzuentwickelten Begriffsinstrumentariums (z.B. Hyperkulturalität, Hyperphänomen und Hyperästhetik) zeigt sie auf, inwiefern Zeitgenossenschaft heute durch eine Reihe von Hyper-Relata geprägt ist und herkömmliche (subjektive und institutionelle) Weltzugänge fundamental in Frage stellt. Dies betrifft insbesondere auch die (Kunst-)Pädagogik, für welche sie den Vorschlag einer „Anthropocene Literacy“ entwickelt.