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Kunst & Kunsttheorie

Abstract

Als die US-Regierung 2010 die Kontrolle über Daten ihrer Botschaft und ihrer Streitkräfte verlor, waren wir voller Hohn. Als der Bundesminister Freiherr zu Guttenberg über eine im Netz organisierte Auswertung seiner Doktorarbeit stolperte, waren wir schadenfroh. Doch seit Snowden wissen wir, dass auch wir voll betroffen sind. Der Kontrollverlust macht keinen Unterschied zwischen Minister, Weltmacht und Privatperson. Er ist das Paradigma dieses Jahrzehnts.

Der Kontrollverlust ist das Scheitern an falschen Erwartungen. Unser Handeln basiert immer noch auf der Erwartung einer Kontrolle, die es längst nicht mehr gibt. Daten, von denen wir nicht wussten, dass es sie gibt, finden Wege, die wir nicht für möglich hielten und sagen Dinge aus, auf die wir nie gekommen wären. Mit anderen Worten: Wir wurden in ein neues Spiel geworfen und niemand hat uns die Regeln verraten.

Info

Michael Seemann, geboren 1977, studierte Angewandte Kulturwissenschaft in Lüneburg. Seit 2005 ist er mit verschiedenen Projekten im Internet aktiv. Er gründete twitkrit.de und die Twitterlesung, organisierte verschiedene Veranstaltungen und betreibt den populären Podcast wir.muessenreden.de. Anfang 2010 begann er das Blog CTRL-Verlust zuerst bei der FAZ, seit September auf eigene Faust, in dem er über den Verlust der Kontrolle über die Daten im Internet schreibt. Normal bloggt er unter mspr0.de und schreibt unregelmäßig für verschiedene Medien wie RollingStone, ZEIT Online, SPEX, SPIEGEL Online, c’t und das DU Magazin. Er hält Vorträge an Universitäten und wissenschaftlichen Konferenzen zu seinen Themen “Kontrollverlust” im Internet, “Plattformneutralität” und der “Queryology“.