monthly lectures
Kunst & Kunsttheorie

Abstract

Europäische Bildungsinstitutionen haben jahrhundertelang Autorität, Respekt, Furchtsamkeit und Unterwerfung als soziale Verhältnisse favorisiert. Und noch immer schreibt sich diese Tradition ganz ungewollt im pädagogischen Verhältnis fort. Sie präfiguriert damit eine Welt, die wir eigentlich ablehnen – ganz automatisch und ohne unser Zutun. Dessen ungeachtet gibt es andere, weniger institutionalisierte Formen der Wissensvermittlung. Ich schlage Hospitalität/Gastlichkeit als eine solche Form vor. In meinem Vortrag möchte ich darlegen, wie Gastlichkeit dabei helfen kann, Wissenvermittlung angenehm und produktiv zu gestalten. Während etablierte Unterrichtsformen oft auf Bestimmtheit und Kalkulierbarkeit abzielen, ist ein gastliches Verhältnis dezidiert unbestimmt. Es ist unklar wie lange ich auf einer Party bleibe, wie viel Tee wir miteinander trinken, oder wie lange wir einander zuhören. Gerade deshalb erleben wir in der Gastlichkeit, wie die gute Gesellschaft sich anfühlen würde. Und gerade wegen dieser Unbestimmtheit kann ein gastliches Verhältnis insbesondere Räume für minorisierte Menschen schaffen. Vielleicht sollten wir daher dezidiert Autorität verlernen, um Raum für kreative Interventionen zu machen. Ich schlage vor, dass eine gastlichen Pädagogik in diesem Sinne gleichermaßen eine Kunst der queeren Wissensvermittlung und ein Instrument der Dekolonialisierung.

Info

Luce deLire ist ein Schiff mit acht Segeln und liegt unten am Kai. Neben akademischen Artikeln zu Themen zwischen Spinozas Metaphysik der Unendlichkeit, postkolonialen Perspektiven auf Gesellschaftsverträge und Antifaschismus veröffentlicht sie vielfach zu Kunst und Politik. Derzeit arbeitet sie an einem Buch mit divided publishing mit dem Titel „Property Property Property – Our Political Categories“ und an der Publikation ihrer Dissertation mit dem Titel „No Limits, NoRegrets – Spinoza’s Metaphysics of Infinity“. Für mehr, siehe getaphilosopher.com.