Elke Krasny: Un/Silencing. Feminist Curating – Geschichten, Theorien, Herausforderungen (02.05.2018)
Abstract
In ihrem 2017 veröffentlichten Essay The Mother of All Questions (Die Mutter aller Fragen) stellt Rebecca Solnit die folgende Frage „Wer ist ungehört?”. Ausgehend von dieser entwirft der Vortrag Un/Silencing. Feminist Curating eine Geschichte des feministischen Kuratierens. Eine ungehörte Geschichte. Eine unerhörte Geschichte. Eine ungehörige Geschichte.
Kuratieren wird verstanden als Sorgetragen für die Hervorbringung neuer Konstellationen, Affinitäten und Allianzen. Besetzung, Tribunal, Streik, Versammlung ebenso wie Gespräch, Konversation und Essen erfordern solch sorgetragende Arbeit der Ermöglichung politischer Subjektivierung des Zu-Hören-Bringens. Aufruhend auf historischen Beispielen, wie der Academie des Femmes in Paris, dem Ersten Tribunal über Verbrechen gegen Frauen in Brüssel, dem Streik der isländischen Frauen, dem Greenham Common Peace Camp, einer Internationalen Dinner Party und Women Occupying Wall Street in New York, wird darüber nachgedacht, wie feministische Selbstorganisation modellhaft andere Arbeitsweisen eines politisch engagierten und emanzipierenden Kuratierens verkörpert. Angesichts eines Subjekte wie Subjektivitäten in Dauer-Erschöpfung und Dauer-Wettbewerb versetzenden neoliberal-globalisierten Kunstbetriebssystems, in dem alles der „Messgröße des Marktes” (Wendy Brown) unterworfen wird, versteht sich diese unerhörte Genealogie des Kuratorischen als Versuch, gegen die Effekte der Depression durch diese Bedingungen der Gegenwart anzudenken. Eine Praxis des „Ethisch-Ästhetischen” (Félix Guattari) und eine Haltung des Politischen für emanzipierendes Kuratieren braucht eine andere Geschichte, um eine andere Zukunft, diesseits und jenseits des Kunstkontexts, denken zu können.
Info
Elke Krasny ist Kulturtheoretikerin, Stadtforscherin und Kuratorin. Sie forscht zu Architektur, zeitgenössischer Kunst, Urbanismus, Geschichten und Theorien des Kuratierens, kritischen Historiographien des Feminismus, Politiken der Erinnerung und deren Überschneidungen. Sie ist Professor_in für Kunst und Bildung an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie hat an der University of Reading promoviert. 2012 war sie Visiting Scholar am Canadian Centre for Architecture in Montréal. Zu ihren kuratorischen Arbeiten zählen Care + Repair mit Angelika Fitz (2017-2019) und Suzanne Lacy’s International Dinner Party in Feminist Curatorial Thought (2016). Sie ist Ko-Herausgeber_in von In Reserve! The Household (2015), Women’s:Museum. Curatorial Politics in Feminism, Education, History, and Art (2013) und Hands-On Urbanism. The Right to Green (2012). Einige ihrer 2017 veröffentlichten Essays sind: „Modernist Green. Changing Regimes of Labour”, „Citizenship and the Museum: On Feminist Acts” und „Neighbourhood Claims for the Future: feminist solidarity urbanism in Vancouver’s Downtown Eastside”.