Jonas Kohnen: Embodied Mind
Der Körper ist ein spannendes Objekt. Ein Objekt, das im Vergleich zu materiellen Dingen noch zusätzlich denken kann. Etwas, das wir von innen und von außen betrachten können.[1]Aber inwiefern bestimmt eigentlich der Körper und sein Umfeld unsere Gedanken?
Darum geht es im Modell des „Embodied Mind“ (verkörperter Geist). Dieses Modell stellt innerhalb der Embodiment-Debatte eine Art Sammelthese für vier Strömungen dar: Extended, Embedded, Embodied und Enactive Mind (4 Es).[2]Sie legt den Fokus auf die Rolle des Körpers und seinen spezifischen Beitrag zur Entstehung kognitiver Prozesse. Aber was heißt das jetzt genau?
Der Embodied Mind wird durch unsere Leiblichkeit[3]oder unsere Körper-Geist-Einheit definiert. Es geht darum, dass ein Gedanke oder eine Überzeugung auch immer von demjenigen Körper abhängt, in dem diese hervorgebracht werden. Sollen wir zum Beispiel die Höhe eines Hügels oder seine Steigung einschätzen, so geht in unsere Schätzung immer auch unser körperlicher Zustand mit ein bzw. die gefühlte Machbarkeit, diesen zu erklimmen.[4]
Es gab über die letzten Jahrzehnte einige empirische Studien zur Beziehung von Kognition, Verhalten und Körper. Simone Schnall, Sozialpsychologin der Universität Cambridge, untersuchte zum Beispiel den Zusammenhang zwischen der körperspezifischen Haltung und dem Urteilsvermögen eines Individuums.[5]In einem Experiment bekam eine Testgruppe einen Stift zwischen die Lippen, die andere zwischen die Zähne geklemmt. Nun sollten die Proband*innen denselben Comic daraufhin bewerten, ob dieser lustig sei oder nicht. Wird ein Gegenstand zwischen den Lippen zusammengepresst, unterdrückt dies den Lachreflex im Gesicht; steckt er zwischen den Zähnen, wird Lachen provoziert. Das Ergebnis: Diejenigen, die durch den Stift zum Lachen „gezwungen“ wurden, bewerteten den Comic als lustiger.
Könnte man nun einen Gedanken in eine Schubkarre packen und einem anderen Menschen „übergeben“, so wäre dieser Gedanke nicht mehr derselbe, sobald er in einem anderen Körper steckt. Das Fazit: Körper und Kognition hängen unwiderruflich miteinander zusammen.
Anmerkungen
[1]Vgl. Koch: Embodied arts therapies – The Arts in Psychotherapy 38 (2011) 276-280.
[2]Vgl. Fingerhut, Hufendiek, Wild: Was ist Philosophie der Verkörperung 68 ff.
[3]Vgl. Merleau-Ponty: Phenomenology of perception. London Routledge (1968).
[4]Vgl. Schnall: Direct evidence for the economy of action: Glucose and the perception of geographical slant – Perception (2010) Vol. 39, 464-482.
[5]Vgl. weiterführend dazu: http://schnall.socialpsychology.org/research