Josephine B. Schmitt:
Von Algorithmen und Kaninchenlöchern – Die Rolle des YouTube-Empfehlungsalgorithmus für den Kontakt mit extremistischen Inhalten
Der sogenannte Empfehlungsalgorithmus hat das Ziel die Nutzer*innen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten und damit Einnahmen zu generieren. Dafür „lernt“ der Algorithmus, was die Nutzer*innen sehen und mögen. Laut einer US-amerikanischen Studie folgen ca. 81% der User*innen mindestens gelegentlich den „Empfehlungen“, 15% sogar regelmäßig (Smith, Toor & van Kessel, 2018). Ob es sich dabei um Hate Speech, Verschwörungserzählungen oder Beauty-Tutorials handelt, das ist dem Algorithmus egal. Er „empfiehlt“, was (ökonomisch) sinnvoll erscheint. Die Nutzer*innen sollen sich wohl fühlen und möglichst viele und lange Videos schauen! Das kann insbesondere für jüngeren, unerfahrenere YouTube-Nutzende, die automatisierte „Empfehlungen“ u.U. als soziale Hinweisreize interpretieren und eher bereit sind, subtileren Persuasionsangeboten zu folgen, ein Problem darstellen – ein Problem, welches auch eine gesamtgesellschaftliche Dimension birgt.
Warum aber werden etwa Inhalte von extremistischen Akteur*innen „empfohlen“, obwohl es einerseits YouTube-Selbstverpflichtungen (z.B. Community-Richtlinien) und juristische Regularien (z.B. NetzDG) gibt, die diese Inhalte bekämpfen? Welche Rolle spielen YouTube-Algorithmen in Radikalisierungsprozessen? Inwiefern sind sie dafür verantwortlich, dass Nutzer*innen in extremistische „Filterblasen“ (gibt es die überhaupt?) und „Kaninchenlöcher“ eintauchen? Und: was kann man dagegen unternehmen? Vor dem Hintergrund medienpsychologischer, kommunikations- und erziehungswissenschaftlicher Forschung möchte ich u.a. diese Fragen in einem interaktiven Vortrag diskutieren. Erarbeiten möchte ich mit den Studierenden insbesondere auch Überlegungen für medienpädagogische Maßnahmen, die sich möglicher Herausforderungen bei der YouTube-Nutzung annehmen.
Dr. Josephine B. Schmitt arbeitet als Referentin für Digitalisierungsforschung am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum. Sie forscht u.a. zu Inhalt, Verbreitung und Wirkung von Hate Speech, extremistischer Propaganda und (politischen) Informations- und Bildungsangeboten im Internet. Mehr Informationen: https://medienundlernen.wordpress.com
Zoom-Zugangsdaten: https://uni-koeln.zoom.us/j/99861903974?pwd=aG9mdG9IRzYrT1l2WEo2RDk0cUlHdz09
Bildcredit: Pixabay