Anja Fritz: Enaktivismus

keine gestaltete Umwelt ohne Lebewesen keine kognitiven Strukturen ohne Körper keine wahrnehmende Handlung ohne Umwelt keine kognitiven Strukturen ohne Lebenserhaltungstreben keine gestaltete Umwelt

Der Enaktivismus ist ein theoretischer Ansatz innerhalb einer Neuorientierung der Kognitionswissenschaften. Er thematisiert die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Körper, Kognition und Umwelt. Danach passen sich Lebewesen nicht nur an ihre jeweilige Umwelt an, sondern sie passen ihre Umwelt aktiv ihren Lebensbedürfnissen an. Innerhalb der Evolution entwickeln sich kognitive Strukturen entlang dieser Handlungen (vgl. Fingerhut/Hufendiek/Wild 2013: 83-91).

Daran orientiert werden Organismen im Enaktivismus als komplexe autopoietische Systeme verstanden: Sie sind permanent damit beschäftigt, sich zu erhalten, zu entwickeln und zu erneuern (vgl. ebd.: 84). Das Streben nach Lebenserhaltung wird als die treibende Motivation des Organismus verstanden, aktiv gestaltend in die Umwelt einzugreifen. Als autopoietisches System unterscheidet er ein Innen und ein Außen. Wahrgenommen wird nur, was für die Lebenserhaltung des Systems von Bedeutung ist (sense-making) (ebd.: 84 f.). Durch wahrnehmungsgesteuerte Erfahrungen werden kognitive Strukturen ausgebildet. Diese verändern wiederum die Art und Weise, wie wir wahrnehmen. Neuronale Strukturen bringen die für uns erfahrbare Welt hervor (enact) (Varela/Thompson/Rosch 2013: 316). Der Enaktivismus geht also – im Gegensatz zum reinen Strukturalismus – von einer Wechselwirkung zwischen der Wahrnehmung des Individuums und der Außenwelt bei der Stiftung von Bedeutung aus.

Literatur:

  • Fingerhut, Jörg/ Hufendiek, Rebekka/ Wild, Markus (Hg.): Philosophie der Verkörperung. Grundlagentexte zu einer aktuellen Debatte. Berlin: Suhrkamp 2013.
  • Varela, Francisco/ Thompson, Evan/ Rosch, Eleanor: Enaktivismus – verkörperte Kognition. In: Philosophie der Verkörperung. Grundlagentexte zu einer aktuellen Debatte. Hg. von Jörg Fingerhut, Rebekka Hufendiek und Markus Wild. Berlin: Suhrkamp 2013. 293-327.