Einem verbreiteten philosophischen Verständnis zufolge (hierbei ist an die Überbleibsel des Empirismus und logischen Positivismus zu denken) zeigen sich Dinge einzig und allein durch Interaktionen mit anderen Entitäten. Sie dürfen sogar nur dann postuliert werden, wenn sie grundsätzlich beobachtbar sind. Beobachtbarkeit meint dabei eine Disposition und Disposition ganz allgemein eine solche Eigenschaft, die (kausale) Interaktionen ermöglicht. Jenen philosophischen Schulen zufolge ist es geradezu unwissenschaftlich, Dinge anzunehmen, die nicht interagieren — eben dies bedeutet es, dass Dinge „grundsätzlich beobachtbar“ sein müssen. Während ich auf dieser Grundlage in einem ersten Schritt die Existenz von Dingen in Frage stelle, besteht der zweite Schritt in der Re-Rechtfertigung von Dingen. Auch wenn Dinge positivistisch und damit (naiv?) wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen sind, werden Sie aus metaphysischen Gründen dringend benötigt. Dabei bin ich nicht der Meinung, dass schon der synchrone Fall zu einem zwingenden Argument für die Existenz von Dingen hinreichend ist. Im diachronen Fall jedoch lässt sich eine zusammenhängende Ontologie nur noch mit Dingen rechtfertigen. Dieser neue metaphysische Ding-Begriff ist dann aber nicht mehr von kausalen Interaktionen abhängig. Veränderung setzt sich zusammen aus Identität und Differenz. Dinge besorgen hierbei die Identität durch die Zeit, während ihre Dispositionen für die Differenz verantwortlich sind. Zur epistemischen Rechtfertigung von Dingen muss es letztendlich zu kausalen Interaktionen (mit uns) kommen, doch nicht alle Dispositionen müssen selbst direkt beobachtbar sein. Das entscheidende Merkmal von Dispositionen ist ihre Wirkmächtigkeit. Da Dinge die Einheitstiffter von Persistenz-Phänomenen sind, ist Wirkmächtigkeit das Charakteristikum der Dinge – diesmal aber metaphysisch gerechtfertigt, nicht kausal.
Florian Fischer studierte Philosophie, Germanistik und Astronomie an der Universität Bonn sowie Logik am Institute for Logic, Language and Computation (ILLC) in Amsterdam. 2017 promovierte er in Bonn mit seiner Arbeit „Dispositional Laws of Nature“. Momentan arbeitet er zu „The Power to Change“, seinem Post-Doc-Projekt an der Universität Siegen, in dem Zeitphilosophie und Dispositionstheorie zusammenkommen. Florian Fischer ist derzeit Präsident der Society of Philosophy of Time – SPoT (spotime.org).