Meta Marathon (2020)

Beim Meta Marathon 2020 zum Thema CYBORGS wird das Embodied Learning Lab als Reallabor, als inhärenter Teil eines Festivals-as-Research, realisiert werden.

Die Forscher*innen werden sich in situ der Frage widmen, in welchen Kontexten ein Embodied Learning stattfinden kann und was seine Besonderheit gegenüber ,klassischen‘, ,körpervergessenen‘ Lernmethoden ausmacht. Gemeinsam mit den Besucher*innen, Künstler*innen und Veranstalter*innen des Meta Marathons wird die Hypothese untersucht werden, ob individuelle und kollektive (Selbst)Erfahrungen, mediatisiert durch das Programm eines Digitalfestivals, zur Transformation von Bewusstseinsprozessen und damit zu einem ,anderen‘ Lernen führen können. Einem Lernen, das alle Sinne und Wissensbereiche (Wissen-wie, Wissen-wie-etwas-ist, Wissen-durch und Wissen-dass) engagiert – und damit möglicherweise die Basis für neue, kollektive Handlungsfähigkeiten im 21. Jahrhundert liefert.

Folgende Forschungsfragen begleiten das Embodied Learning Lab beim Meta Marathon 2020:

  • Welche Kanäle und Räume sind nötig, um verkörpert Lernen zu können?
  • Was unterscheidet ein verkörpertes Lernen durch Erfahrung von einem Lernen durch bloße Information?
  • (Wie) Lässt sich ein verkörperter ,Lernerfolg‘ beobachten, feststellen?
  • Welche Rolle spielen ,transzendentale Technologien‘, wie virtuelle und augmentierte Realität (VR und AR), bei verkörperten Lernprozessen?
  • Welche Rolle spielt die Kunst?
  • Gibt es einen Unterschied zwischen einer ästhetischen Erfahrung durch (visuelle) Rezeption (z.B. Betrachten eines Kunstwerks) und einer aktiven körperlichen Beteiligung an einer Erfahrung (z.B. partizipative Kunst, ,mittanzen‘)? Ist die Anwendung eine VR rezeptiv oder schon partizipativ?
  • In welchem Zusammenhang stehen ein verkörpertes Lernen und veränderte Bewusstseinszustände? Wie müssten diese charakterisiert werden?
  • Stehen die 4 E-Strömungen mit unterschiedlichen Lern- (oder Bildungs)Prozessen in Verbindung oder lassen sie sich unter einem Begriff des verkörperten Lernens subsumieren?
  • Welche Relevanz hat das verkörperte Lernen im Zusammenhang mit Medien und Technologie, dem Wissen über und der Auseinandersetzung mit beidem, ihrer Analyse und ihrer Gestaltung?

Um sich möglichen Antworten auf diese Fragen zu nähern, werden auf dem Meta Marathon 2020 Gespräche mit freiwilligen Besucher*innen geführt sowie Erfahrungssituationen, bei denen verkörperte Lernzprozesse geschehen könnten, von den Forscher*innen beobachtet, dokumentiert und analysiert. Der dabei gewonnene ,Datenpool‘ soll sich, ganz im Sinne der Verkörperungstheorien, aus unterschiedlichen Aspekten und Perspektiven zusammensetzen:

  • assoziativ (z.B. mittels Speedwriting sollen die Besucher*innen ihre Assoziationen, Gefühle und Erfahrungen auf personaler und damit nicht ,entschlüsselbarer‘, übersetzbarer Weise dokumentieren, 1. Person-Perspektive)
  • interaktiv (im Gespräch, das durch die Forscher*innen geführt wird, werden einzelne Fragen vertieft. Die daraus gewonnen Ergebnisse ergeben sich aus einem ,Zwischen‘ Forscher*in und Besucher*in, 2. Person-Pespektive)
  • deskriptiv (aus der Beobachtung der Erfahrungsräume auf dem Meta Marathon sollen weitere visuelle Daten erhoben, protokolliert und in den Pool mit aufgenommen werden, 3. Person-Perspektive)

Realisierung des ELL

Geplant ist eine zweiseitige Realisierung des ELL: Zum einen wird es um eine Gesamtevaluation der transformativen Potenziale der Veranstaltung bzgl. personaler Bewusstseinsprozesse der Besucher*innen gehen. Zum anderen wird der Fokus auf eine spezielle virtuelleAnwendung gelegt werden und deren Potenziale im Sinne eines „Embodied Learning“ mit anderen medialen Lernsettings verglichen und dahingehend evaluiert. Die beiden Forschungsbausteine sind im Folgenden kurz skizziert:

Baustein 1: Evaluation des Meta-Marathons als multidimensionaler Dialog individueller und kollektiver Erfahrungen

Eingebettet in eine Gamification-Strategie wird der gesamte Meta Marathon zur Forschungslandschaft. Die Besucher*innen erhalten beim Eintritt in die Veranstaltung ein persönliches Journal, in dem sie ihre Erfahrungen und assoziativen Gedanken zu den einzelnen Erfahrungsformaten sowie zur „Gesamterfahrung“ festhalten. Die Programmleiter*innen und die ausstellenden Künstler*innen werden im Veranstaltungsverlauf immer wieder dazu einladen, das Journal zu führen und es wird spezielle Rückzugsorte für die „Innenschau“ geben. Die Besucher*innen wissen zuvor, dass das Journal am Ende der Veranstaltung an die Forscher*innen des ELL ausgehändigt wird, auf Wunsch wird es ihnen anschließend zugeschickt. So erhalten die Forscher*innen einen Fundus qualitativen Materials, das die Erlebnisse der Besucher*innen auf assoziativer, personaler Ebene widergibt und Rückschlüsse über mögliche transformative Bewusstseinsprozesse zulässt.

Baustein 2: Room-Scale-Bildungs-VR „The Shape of Us“

Ferner widmet das ELL seine Aufmerksamkeit einer speziellen VR (Virtual Reality)-Anwendung: „The Shape of Us“, entwickelt von HeartWire und Monobanda (2020), versteht sich als Pionierprojekt der politischen Bildung, das seine Spieler*innen dazu einlädt, sich in einer neuen Haltung zur Welt zu üben. In einer Haltung, in der sich die Menschen nicht als „Krone der Schöpfung“ erfahren, sondern als inhärenter Teil der Welt – gleichauf mit Tieren, Pflanzen und anderen Lebewesen.

Das ELL möchte die VR mit Blick auf ihr emotional-körperliches sowie kognitives Lernpotenzial evaluieren. Handelt es sich um ein Bildungstool, das – indem es die wahrgenommene Position seiner Spieler*innen zur Welt und damit deren Körperlichkeit verändert – zu neuen Handlungsmöglichen angesichts Klimakrise und Anthropozän befähigt?

Zur Auswertung dieser Frage werden qualitative Interviews mit den Spieler*innen geführt werden. Neben der VR-Anwendung soll es auf dem Meta Marathon zwei weitere mediale Formate geben, die ein ähnliches bildungspolitisches Ziel verfolgen: eine Phantasiereise und Textessays. Die zentralen Fragen, die die Forscher*innen in ihren Interviews ergründen möchten, lauten: Wie unterscheidet sich das durch die VR vermittelte Lernen von einem Lernen durch eine Phantasiereise (ebenfalls erfahrungsbasiert, aber nicht „technologisch“-vermittelt) oder das Lesen von Texten (primär kognitiv)? Gibt es einen eindeutigen Mehrwert? Gibt es Nachteile? Welche Bedeutung könnte die Technologie folglich in der pädagogischen Praxis spielen?

 

Mehr zum Meta Marathon unter:

https://www.metamarathon.net/

https://www.nrw-forum.de/veranstaltungen/meta-2020