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Kunst & Kunsttheorie

Abstract

In diesem Vortrag wird die Fachgeschichte der Kunstpädagogik aus systemtheoretischer Perspektive in den Blick genommen. Dies eröffnet die Möglichkeit, Vergangenheitskonstruktionen und historiographische Narrative, die in der Kunstpädagogik bis heute um Umlauf sind, herauszuarbeiten und auf die daraus resultierenden Machtinteressen hin zu befragen. Hierzu erfolgt zunächst ein kurzer Blick auf die Funktionsweisen kunstpädagogischer Fachgeschichtsschreibung. Anschließend wird am Beispiel von Gunter Ottos diskursordnenden Umstrukturierungsmaßnahmen, die er in den 1960er und 1970er Jahren im Fach vorgenommen hat, verdeutlicht, wie dessen systematische Einflussnahmen und Ausschlussmechanismen das Geschichtsbild, die Selbstentwürfe und die Erzählkultur der Kunstpädagogik bis heute prägen.

Ergänzend soll mit Blick auf den Einfluss der Kategorie Geschlecht auf die Diskursordnung gezeigt werden, dass trotz zunehmender Feminisierung des Faches in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts Fragen der Diskurshoheit nicht nur zwischen rivalisierenden didaktischen Positionen verhandelt werden, sondern auch an geschlechterspezifische Zuschreibungen gebunden sind. Vorstellungen zweigeschlechtlicher Arbeitsteilung und Leistungsfähigkeit können hier als zusätzliche Faktoren für Verdrängungsmechanismen innerhalb der kunstpädagogischen Fachcommunity gedeutet werden. Daraus ergeben sich zum einen Fragen nach der Neubewertung der Aufgaben und der Relevanz historischer Forschung in der Kunstpädagogik und zum anderen nach der Etablierung zeitgemäßer Diskursstrukturen.

Info

Dr. Johanna Tewes ist derzeit Kunstlehrerin und Referentin in der Stabsstelle Digitalisierung der Hamburger Schulbehörde. Nach dem Examen in Kunst, Deutsch und Geschichte war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Kunst und ihre Didaktik an der Universität Paderborn. Es folgten Referendariat, Promotion und ein Masterstudium „Schulmanagement und Qualitätsentwicklung“ an der CAU Kiel. Wissenschaftlich interessiert sie sich für Diskurs- und Machtstrukturen an den Schnittstellen Kunstpädagogik, Schule, Gender, Digitalität und Kunst.