LVR-Infokom Preis und Ausstellung

Rückblick: LVR-Infokom Preis 2015 und Ausstellung

September 2014
Oliver Bruch / Marion Eisenmann (Sonderpreis des Instituts) / Vivien Grabowski (2. Preis der LVR-Jury) / Lisa Gräff (1. Preis der LVR-Jury) / Johanna Sophie Klein / Johanna Martini (3. Preis der LVR-Jury)  / Jana Meiners / Camie Rüther / Dominik Zylla

Neun Studierende der Kunstpädagogik und der Ästhetischen Erziehung nahmen in diesem Sommersemester die außergewöhnliche Möglichkeit wahr, in Kooperation mit MitarbeiterInnen der LVR-InfoKom künstlerische Forschungen zur Vielfalt und Heterogenität heutiger Arbeitsbegriffe zu unternehmen und die Ergebnisse dieser Forschung öffentlich in den Räumlichkeiten der LVR-InfoKom auszustellen. Zu Eröffnung der Ausstellung vergab die Jury der LVR-Infokom drei Geldpreise. Wer nicht Gelegenheit hatten die Arbeiten vor Ort zu sehen, kann hier nun einen kleinen Einblick gewinnen.

Ein Projekt des Instituts für Kunst & Kunsttheorie der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit der LVR-InfoKom, dem Systemhaus des Landschaftsverbands Rheinland.

Oliver Bruch

Frame Work

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Marion Eisenmann (Sonderpreis des Instituts)

Talk About Money

Die Videoperformance/Videoinstallation Talk About Money besteht aus einem inszenierten Vortrag in den Räumlichkeiten der LVRInfoKom. Neben der Rednerin sind die typischen Konferenzutensilien der LVRInfoKom zu sehen. Der Raum wird durch zwei Perspektiven erfahrbar. Die erste, frontal zur Rednerin und zeigt vordergründig den Konferenztisch mit all seinen wichtigen Utensilien. Die zweite Perspektive, näher am Geschehen dran, rückt Rednerin und Flipchart in den Fokus. Bis zum Schluss bleibt die Frage offen, wer sich zusätzlich im Raum befindet. Worte werden durch starke Gestik und lange Pausen untermauert.

Das Video ist geprägt von langen Übergängen und großen inhaltlichen Sprüngen.

Im Zentrum der Arbeit steht die Koppelung von Arbeit und Einkommen sowie die Veränderung des Arbeitsmarktes durch den technischen Fortschritt, beruhend auf der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Es stellt sich die Frage, wie die Mitarbeiter/innen mit der, ihnen vertrauten, Raumerscheinung und dem, bisher unbekannten, Inhalt umgehen werden. Die Arbeit orientiert sich an Andrea Frasers Museum Highlihgts: A Gallery Talk. Frasers Gallery Talk basiert auf einer Vortrags-Performance im Philadelphia Museum of Art. Fraser schlüpft in die Rolle der Dozentin Jane Castleton. Es findet eine Verschiebung gegenüber den üblichen Führungen statt.

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Vivien Grabowski (2. Preis der LVR-Jury)

WORK OVER

– Spiel neustarten –

Auch künstlerische Arbeit oszilliert zwischen Lust und Last, Leidenschaft und Pflicht, zwischen körperlicher und geistiger Ertüchtigung, zwischen Prozess und Objekt. Den Systemtheoretikern haben wir folgende Erkenntnis zu verdanken: Wir können das Phänomen (künstlerischer) Arbeit nur im Modus der Beobachtung beschreiben. Und so wird die Frage, wie sich die Phänomene Kunst und Arbeit zueinander verhalten, zum Äquivalent der Frage, was Kölner Kunststudenten in einem IT-Systemhaus zu suchen haben. Von dieser These ausgehend beobachtet und dokumentiert WORK OVER Teile meiner eigenen Recherchearbeit sowie unseres Seminars.

Meine Arbeit besteht thematisch aus zwei Momenten: Beobachtung und Oszillation.
Medial besteht sie ebenfalls aus zwei Teilen: Video und Installation.

WORK OVER ist kein Objekt, sondern eine lebendige Situation, in der Menschen auf Objekte und Begriffe stoßen. Die Betrachter können zu Mitspielern werden, indem sie selbstgefundene Gegenstände mit einem Zitat-Aufkleber versehen und in der Installation verbauen. Folgende Zitat-Aufkleber stehen zur Verfügung: „Arbeit ist körperlich“, „Arbeit ist Variation der Form“, „Arbeit ist geistig“, QUALITÄTSARBEIT“, „ “, „Arbeit bildet den Arbeiter“. Als Anleitung kann das integrierte Video fungieren ( https://www.youtube.com/watch?v=J_gNy19WnZ0 ). Im Gegenzug erhält jeder Mitspieler einen Zimmermannsbleistift. Ziel dieser Situation ist, diese zwischen den scheinbar konträren Begriffen Spiel und Arbeit zum Schwingen zu bringen, sodass sie sich von ihnen ablöst. Und was bleibt, wenn uns die Wörter verlassen? Je ne sais quoi.

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Lisa Gräff (1. Preis der LVR-Jury)

[UN]SICHTBARES NETZWERK

Medium: Rauminstallation/ Skulptur

Maße: 795 x 523 x 523 mm (HxBxT)
Materialien: Plexiglas, Holz, Schwarzlicht, fluoreszierende Wolle, transparentes Garn

Kommunikation bildet in der LVR-InfoKom (einem IT-Dienstleister) den Mittelpunkt ihrer Arbeit; sowohl Medium als auch Produkt bestehen aus Kommunikation. Das [un]sichtbare Netzwerk spiegelt Teile dieser Kommunikation wider. Kommunikationswege von Mitarbeitern wurden durch 21 Fragebögen evaluiert und nachgezeichnet. Die zweidimensionalen Daten werden dreidimensional, durch fluoreszierende Fäden, in einem Kasten gespannt und mit Schwarzlicht beleuchtet, dargestellt. Die Arbeit der LVR wird sichtbar gemacht und in einem Fadenspiel abgebildet. Die aus dem Kasten austretenden Fäden beschreiben eine von Mitarbeitern als ,fehlerhaft‘ bezeichnete Kommunikation, welche beim Umrunden des leuchtenden Kastens für den Betrachter erfahrbar wird. Die fehlerhafte Kommunikation wird hervorgehoben und durch die eingeschränkte Bewegung im Raum für den Betrachter physisch hinderlich, so wie sie für den LVR-Mitarbeiter im Arbeitsalltag störend ist.

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Johanna Sophie Klein

LVR Mitarbeiter: 2-8

Mitspieler: Praktikant bis Geschäftsführung

Spielmaterial

  • Spielbrett
  • Spielanleitung
  • 42 InfoKom Ereigniskarten
  • 17 InfoKom Versicherungskarten
  • 11 Karrierekarten
  • 7 Gehaltskarten
  • Geldständer
  • Spielgeld
  • LVR-Rad

Vor Spielbeginn

Bilden Sie vier Stapel verdeckt am Spielrand:
InfoKom Ereigniskarten, Versicherungskarten, Karrierekarten, Gehaltskarten
Jeder LVR-Mitarbeiter wählt ein Auto und begibt sich zum Startpunkt, mit einer blauen oder rosafarbenen  Person am „Steuer“.
Positionieren Sie das LVR-Rad.
Sortieren Sie das Geld in den vorgesehenen Ständer.

Spielablauf
Zu Beginn wird der LVR Mitarbeiter ausgesucht, der die höchste Position bei der InfoKom hat.
Die folgenden Spieler sind dann nach der Karriereleiter am Zug.

 

 

Ziehen Sie zu Spielbeginn jeder eine Karrierekarte vom Stapel und eine Gehaltskarte.
Nehmen Sie sich Ihr 1. Gehalt von der Bank.
Der Einstig in das Spiel ist auch während des Spielverlaufs möglich. Ziehen Sie einfach eine Karte vom Karrierestapel und eine Gehaltskarte.
1.Zug:  Drehen Sie das LVR-Rad und ziehen Sie so viele Felder  vor. Befolgen Sie  die Anweisung, die sich aus der Farbe des Feldes ergibt (s.u.).

 

 

 

 

Die Felder des Spielplans
Wenn Sie mit Ihrem Auto über den Spielplan fahren, achten Sie auf die Farben der Felder auf denen Sie landen. Hier sind ihre Bedeutungen:

 

 

 

Dunkelblau:
Es ist Zahltag. Wann immer Sie direkt auf ein dunkelblaues Feld kommen, erhalten Sie Ihr Gehalt.

 

 

 

 

Weiß:
Das Ereignisfeld. Sie müssen eine InfoKom Ereigniskarte vom Stapel ziehen.  Die Anweisungen auf der Karte gilt es sofort zu befolgen.

 

 

Standby-Karten (Teil des Ereigniskarten-Stapel):

Die Standby-Karten müssen je nach Anweisung sofort, oder zu einem späteren Zeitpunkt ausgespielt werden.  Sie dient dazu, den eigenen Spielverlauf zu unterbrechen und eine Pause einzulegen. Die Pause kann nach eigenem Belieben ausgedehnt werden und das Rückkehren in den Spielverlauf ist jederzeit erneut möglich.

 

Hellblau:
Das Versicherungsfeld. Auf diesem Feld können Sie, sofern genug Geld angespart ist, eine Versicherung ziehen. Zahlen Sie den Preis an die Bank und legen Sie die Karte vor sich offen hin.

 

Ziel des Spiels

Das Sielende ist für jeden Spieler frei wählbar:

  • Wenn der Spieler seine gewünschte Karrieresprosse erreich hat
  • Wenn man eine Pause einlegen möchte
  • Wenn Sie die jeweilige Standbykarte gezogen haben oder sich entscheiden diese
    auszuspielen

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Johanna Martini (3. Preis der LVR-Jury)

Kontaktberührung

Kontaktberührung_1Thema der künstlerischen Arbeit sind die Hierarchien und Beziehungen zwischen den Mitarbeiter_innen des Landesverbands Rheinland, sowie das Verhältnis zwischen reiner Durchschnittsarbeitskraft (kleinste Einheit um Warenwert zu definieren nach Marx) und einer Arbeitskraft, die anhand impliziten oder auch expliziten Wissen und Können mehr Qualität hat.
Das Thema der Performance basiert auf Beobachtungen im Forschungsfeld, ausschnitthaft in der Marketing Abteilung. Diese Abteilung verschickt unter anderem die Einladungen zur Preisverleihung und pflegt dafür eine umfassende Datenbank der Kontakte vieler Mitarbeiter_innen des ganzen LVRs. Die Kommentierung von Stellungen und Titeln einiger Personen macht eine Bewusstheit von Hierarchien in der Firmenstruktur deutlich. Diese steht im Kontrast zur eher einfältigen Tätigkeit der Kuvertierung der Einladung in Massenabfertigung.

Die künstlerische Arbeit realisierte sich vor Beginn der Preisverleihungsveranstaltung am Eingang. Die Performerin stand im Eingangsbereich
der Ausstellung. Sie begegnete allen Gästen, legte ihnen ihre Handfläche auf den Oberarm
und schaute ihnen in die Augen. Sie kommunizierte, aber
sprach nicht.

 

Kontaktberührung_2Die Performerin führt diese Begrüßungstätigkeit ohne besondere Qualitäten mit dem Durchschnittswert einer Arbeiterin aus, im Gegensatz zu allen LVR-Mitarbeiter_innen, die auf explizites und implizites Wissen über Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Kolleg_innen und den Beziehungen untereinander verfügen. Die Berührung am Arm und der kurze aber intensive Augenkontakt, welche außerdem durch eine geringe körperliche Distanz untermauert wird, ist eine intime Handlung, welche einen zwischenmenschlichen Kontakt herstellt. Andererseits wirkt die ritualisierte Begrüßungshandlung durch die Performerin, welche eine Gleichbehandlung aller Gäste anstrebt maschinell.
Formale Bezüge finden sich zu einer Arbeit von Pierre Huyghe in der gleichnamigen Ausstellung 2014 in Köln [1], durch die Neuankömmlinge per Name in die Ausstellung begleitet wurden. Außerdem zeigen sich Parallelen zu Aktionen von Stefanie Trojan [2], die in Ausstellungssituationen häufig persönliche Körpergrenzen überschreiten und Konventionen hintergehen.

Die performative Intervention in Form einer nonverbalen grenzüberschreitenden Begrüßung in die Ausstellungsveranstaltung soll ein Kontrast darstellen zu höflichen Kontaktaufnahmen und freundlicher Aufrechterhaltung von Beziehungen und Befehlsketten auf einer Veranstaltung, zu der nur ausgewählte LVR Mitarbeiter_innen von der Infokom eingeladen wurden. Die Gäste werden in eine Schwellensituation versetzt, in der allgemein bekannte Verhaltensmuster nicht mehr brauchbar sind, sie aber reagieren müssen. Vielleicht können sie alle folgenden Begrüßungs- und Kontaktsituationen aus einem anderen Blickwinkel sehen.

[1] Pierre-Huyghe-Retroperspektive in Köln http://www.taz.de/!139017/
[2] Stefanie Trojan:first contact, Dublin 2010 http://www.stefanietrojan.de/34/index.html

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Jana Meiners

//Flashmob

Das Fundament meiner Forschungsarbeit liegt auf dem Zusammenhalt und der damit verbundenen Verantwortungen in Bezug auf Teamarbeit, Chancengleichheit und Gemeinschaft der LVR-InfoKom. Die Idee ist es mit dem LVR- Chor eine Performance zu dem Song „She works hard for the money“ von Donna Summer einzustudieren. Der Song und die Musik bieten dafür das Grundgerüst. Es ist ein spannendes und auch mutiges Wagnis. Das Konzept der Performance kann nur gelingen, wenn die Kommunikation und der Informationsaustausch unter den Chormitgliedern erfolgreich funktioniert, sodass der Song gemeinsame erarbeitet werden kann. Sie müssen eine kohärente Arbeitsgemeinschaft bilden.

 

Die Arbeiten von Camie Rüther und Dominik Zylla folgen.