Der Grad der individuellen Verwicklung in die Sphäre des Digitalen kann gegenwärtig nicht mehr in Abhängigkeit zur tatsächlichen Techniknutzung bestimmt werden. Vielmehr sind die individuellen Subjekte Teil einer Kultur der Digitalität (Stalder 2016), in der Technologien konstitutiv auf symbolischen Praktiken und Subjektivierungsprozesse ein und durch sie hindurch wirken. Die zunehmende Vernetzung und Durchdringung von menschlichen und technischen Akteuren erfordert daher eine kontinuierliche kritische Befragung von tradierten Subjekt- und Bildungsbegriffen in der Theorie und Praxis (vgl. u.a. Jörissen/Meyer 2015).
Vor diesem Hintergrund widmet sich das Projekt curatorial learning spaces den durch Digitalisierung veränderten Subjektivierungs- und Kommunikationsstrukturen und den damit verbundenen Anforderungen an institutionelle Bildungsräume. Die diesem Projekt zugrunde liegende Frage lautet jedoch weniger, wie digitale Objekte in universitäre Räume und Lehre integriert werden müssen, sondern wie Bereiche der Unbestimmtheit als konstitutives Moment von Bildung (Marotzki 1991; Jörissen/Marotzki 2009) gestaltet werden können. Um die Interferenzen zwischen der Kultur der Digitalität und der institutionellen Wissensvermittlung zu erforschen und die räumlichen Voraussetzungen für verhandlungs- und prozessorientierte Bildungsbegriffe auszurichten, überträgt das Projekt das primär kognitiv-epistemisch angelegte Konzept von Unbestimmtheit auf den physischen Raum und macht diesen zum Ausgangspunkt der Untersuchung. Welche Funktionen können zukünftige Bildungsräume erfüllen, welches Lernen kann durch sie initiiert werden, wie wird an anderen Orten gelernt und welchen Einfluss haben die Räume dazwischen, die third places (Oldenburg 1990, 2001), auf Bildungsprozesse?
Um dies zu erforschen, sollen Ansätze aus der Raumtheorie (Löw 2001), der Ausstellungsforschung (Muttenthaler/Wonisch 2006; Sternfeld 2017) und der kuratorischen Praxis (Rogoff/von Bismarck 2012) auf ihre Potentiale für die Gestaltung universitärer Bildungsräume überprüft werden. Dazu wirft das Projekt einen Blick auf den Wandel einer anderen traditionellen Bildungsinstitution: die Ausstellung. Ausstellungen sind heute zunehmend auf die Ermöglichung von Prozessen und Teilhabe hin konzipiert. Dies ist auf ein verändertes Verständnis des Kuratierens zurückzuführen, welches Ausstellungen nicht mehr als unveränderliche Endprodukte versteht, sondern als Kontaktzonen (Jaschke/Sternfeld 2015) bzw. als geteilte Räume, in denen durch die assoziative Konstellation ungewöhnlicher Elemente sowie durch gemeinsames Handeln und Verhandeln produktive Reibung entsteht, die performative, emergente Wissens- und Sinnproduktion fördert und als Auslöser für transaktionale Bildungsprozesse verstanden wird. In diesem Kontext untersucht das Projekt, wie Strategien des Kuratorischen für die Umgestaltung akademischer Räume produktiv gemacht werden können.
Das Projekt umfasst künstlerische Rauminterventionen, ein Symposium zum Verhältnis von Vermitteln und Kuratieren sowie eine Publikation.
Bild: Mirjam Thomann
Konzept
Annemarie Hahn, Nada Schroer
unter Mitwirkung von:
Prof. Dr. Torsten Meyer
Assistenz
Carla Ruthmann
(alle Universität zu Köln)
Kooperation
Monika Elias, (Grimme-Institut)