auffuhrung-des-seminares-von-daniel-schussler

Performative Arbeitstechniken der Stückentwicklung (Daniel Schüßler)

Das Theater ist im Wandel. Längst finden Aufführungen nicht mehr nur rein frontal mit einem vorgefertigten Text im Illusionsraum Bühne statt. Das Team wird zum Autor/zur Autorin, Texte werden gemeinsam entwickelt, der Raum zum Publikum geöffnet. Partizipatorische Vorgänge unter der Einbindung von sogenannten „Expert*innen des Alltags“ oder von Publikumsgruppen, die auf die Bühne geholt werden und dort selbst zum Produzenten von darstellerischen Vorgängen werden, sowie die Vermischung verschiedener Sparten werden immer wichtiger. Selbst der für das Theater originäre Raum „Bühne“ wird von den Theaterschaffenden immer öfter verlassen und neue Spielorte, z.B. im öffentlichen Raum, im Netz usw., erobert.

Das bringt neue Möglichkeiten und Herausforderungen für die Theaterschaffenden mit sich. Das Seminar beschäftigte sich dementsprechend mit Techniken der performativen Stückentwicklung und zeigte Wege auf, wie man als Gruppe an ein Material kommen kann, um daraus darstellende und performative Vorgänge zu entwickeln. In der kritischen Auseinandersetzung mit Techniken und Youtube-Reden von „Pick-up-Artists“ entstanden auf diese Weise mehrere Performances.

Eindrücke, Gedanken und weiterführende Arbeiten der workshopteilnehmer*innen:

Das Pornogedicht in 2 Akten von Linnea Pöhl und Nadja Herrmanns

1. Akt: Die Besamung

Geile Stute, lange Schläuche will ich saugen, Fotzenhöle vögeln – ich fange an zu schnauben. Meine Lunte in sie rammen,
Sie fängt an zuschreien, zuckt zusammen.

Ihre Analmöse will ich besamen, sie schreit meinen Namen.

Wilder Hengst, dicker Prengel lass mich reiten,
Dein Fotzehobel in mir – fängt an meine Muschi zu weiten.
Meine Spalte ist am beben,
Er fängt an zu zittern, die Klöten am kleben.
Meine Fuge gestopft von seinem Saft, befriedigt lecke ich über den Schaft.

2. Akt: Die Liebkosung

Schönes Wesen, zarte Knospen will ich liebkosen,
Dein Jadekästchen ehren – um uns der Duft von Rosen.
Deinen Zaubergarten erkunden,
Eng umschlungen vergehen die Stunden.
Dein sich windender Körper sinkt nieder, am Boden zerknittert das Mieder.

Starker Adonis, dein Körper lässt mich brennen,
Deine Lust nach mir ist nun nicht mehr zu verkennen,
Das stolze Schwert pulsiert in meiner Hand.
Unser Liebesspiel kostet mir jeglichen Verstand.
Dicht beisammen – Haut an Haut, noch nie habe ich jemanden so sehr vertraut.

Download PDF

Zwei Szenarien der Begegnung von Carolin Franz

Szenario 1 – bedrohlich, unangenehm, bedrängend:
„Ich bin am Set. Erstmal die Targets auschecken. Heute bin ich so cocky, da krieg ich jede. Es ist wirklich Zeit für ein High Quality Hot Babe, nach den ganzen everydaybabes. Die da vorne sieht fuckable aus. Da ist mindestens ein Kiss Close drin. Eye Contact läuft schon mal… Ach nee, wieder so ein Babe mit krassem Bitch Shield – next! Ich brauch ein neues Target […]“

Szenario 2 – vorsichtig, zurückhaltend, liebevoll:
Ich stehe einer fremden Person gegenüber. Ich schaue ihr in die Augen und versuche, den Blickkontakt zu halten. Ist es mir möglich, in den Augen der anderen Person, etwas über sie zu erfahren? Zu erkennen, ob ich auf sie zukommen darf, wie sie mir gegenüber eingestellt ist? In den Augen zu LESEN? Ich versuche vorsichtig einen Schritt auf die Person zuzumachen und warte auf eine Reaktion in ihrem Blick. Je länger wir uns ansehen, desto vertrauter wird der Kontakt zwischen uns. Ich versuche, mich auf diese Person einzulassen, mich zu öffnen und ganz vorsichtig auch herauszufinden, ob diese Person sich mir öffnen will. Dabei ist mir am wichtigsten, dass wir uns beide dabei wohl fühlen.

Zwei sehr unterschiedliche Szenarien, die eins gemeinsam haben: eine Begegnung. Jede Form von Liebe, egal ob freundschaftlich, leidenschaftlich, sexuell, Liebe zu Menschen, zur Natur, zur Musik – all das fängt mit einer Begegnung an. Und wie unterschiedlich diese Begegnungen sein können, zeigen die beiden Szenarien, die wir in der Springschool als Performance umgesetzt haben. Die Gedanken des Pick Up-Artists (Szenario 1) sind weder empathisch, noch freundlich und sehr egoistisch. Bei dieser Begegnung geht es dem PUA nur um sich selbst. Wie fühlt sich die andere Person? Tue ich ihr weh? Wie schnell kann ich mich nähern, bin ich vielleicht aufdringlich, sogar unangenehm? All das ist egal, so lange der PUA zu seinem Ziel kommt, die andere Person „rumzukriegen“.

Im krassen Gegensatz dazu steht eine herzliche, vorsichtige Form der Begegnung. Neuen Menschen zu begegnen kann oft schwierig und ungewohnt sein. Wenn man der anderen Person etwas Gutes tun möchte, nähert man sich vorsichtig und achtet dabei auf die eigenen Gefühle, sowie die Gefühle aller Beteiligten. Wenn ich mir also nach der Springschool die Frage stelle „how to love?“, beginnt die Antwort darauf bei der ersten Begegnung und vor allem der eigenen Einstellung gegenüber dieser. Die „Blickkontakt-Übung“ hat mir gezeigt, dass ein liebevoller Umgang immer dann beginnt, wenn man sich die Zeit nimmt, sich auf die andere Person

einzulassen und sich für sie zu interessieren. Oft steht man seinen Mitmenschen gleichgültig oder uninteressiert gegenüber. Für Liebe, egal in welcher Form, ist es aber am wichtigsten, den Mut zu haben, sich auf jemanden einzulassen und sich selbst zu öffnen. Damit geht, meiner Meinung nach, einher, dass man sich zuerst gegenüber sich selbst öffnet und sich selbst schätzen kann. Sonst wird es auch schwer, sich für andere zu öffnen und eine liebevolle Begegnung zu erfahren und zuzulassen. Meiner Ansicht nach fehlt beispielsweise den PUA genau diese positive Einstellung gegenüber anderen und vielleicht auch über sich selbst, da sie sich durch Tricks und Regeln jemandem nähern, um die Situation dauerhaft im Griff zu haben. Sie lassen keinen Platz für Überraschungen, keinen Platz für die andere Person. Sie lassen sich nicht auf die Begegnung ein, sondern versuchen sie zu kontrollieren.

In einem anderen Seminar sagte eine Kommilitonin, Liebe sei für sie nicht nur ein Konstrukt zwischen zwei Menschen, sondern auch eine persönliche Einstellung mit der man der restlichen Welt entgegen tritt. Genau das hat sich in unseren Performances für mich bestätigt: Begegnungen sind nur positiv und fühlen sich für beide Seiten gut an, wenn man bereit ist, Liebe zu geben und neugierig ist, was der andere geben kann. Damit setzt man sozusagen den ersten Grundstein für eine mögliche Liebe.

Download PDF